Rohstoffe: Was uns vergangene Krisen lehren

Ölförderung in Texas: Um einen Monat darauf ein Barrel der US-Sorte WTI loszuschlagen, mussten Verkäufer im April erstmals in der Geschichte drauflegen. - © pixabay.com

Wenn der Öl-Preis schon mal ins Minus dreht, sind andere Herangehensweisen gefragt: Rohstoff-Experte Daniel Rauch von der LBBW destilliert in seinem alternativen Blick auf Energieträger, Edel- und Industriemetalle Wissen und Erfahrungen aus vorangegangenen Krisen. Mit spannenden Ergebnissen.

Rohstoffe haben im Zuge von COVID-19 teilweise heftig gelitten. Mit dafür verantwortlich war die Organisation erdölexportierender Länder (kurz OPEC), die trotz des Nachfrageeinbruchs aufgrund der globalen Lockdown- Maßnahmen das Rohölangebot wegen interner Strei­tigkeiten massiv ausweitete. So entstand eine „perfekte Krise“, die wie eine Lawine über den Rohstoffmarkt rollte und – von ganz wenigen Ausnahmen abgese­hen – zu einem deutlichen Rückgang der Notierungen führte.

Um Rückschlüsse für die künftige Wertentwicklung am Rohstoffmarkt zu ziehen, würde man normalerweise die aktuelle Angebots- und Nachfragesituation beleuch­ten. Aufgrund der hohen Unsicherheit bezüglich einer möglichen zweiten Corona-Welle, die das fundamentale Gefüge abermals gehörig durcheinander wirbeln würde, wollen wir es jedoch für den Rohstoffmarkt 2020 mit dem französischen Universaltalent André Malraux halten und einen anderen Weg wählen, denn „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“.

In den vergangenen 25 Jahren gab es bis COVID-19 vier ausgeprägte Bärenmärkte bei den Rohstoffen, definiert durch einen Rückgang um mindestens 20 Prozent – in den meisten Fällen sanken die Börsenkurse sogar noch deutlich stärker. Im Einzelnen waren das die asiatische Finanzkrise beziehungsweise die Zahlungsunfähigkeit Russlands in den späten 1990er Jahren, die Zeit nach dem Platzen der Blase am sogenannten Neuen Markt, die Finanzmarktkrise mit dem Tief im März 2009 sowie Chinas Börsenkapriolen 2014/2015.

Ab dem Tiefpunkt einer Krise legte der breit diversi­fizierte Bloomberg Commodity Index (BCOM) in drei Fällen in den darauffolgenden 260 Börsentagen um rund 30 Prozent zu. Nur in den Jahren 2015/2016 fiel die Erholung in diesem Zeitraum mit 22 Prozent weni­ger kräftig aus. Der jetzige positive Trend am Rohstoff­markt befindet sich noch in einem frühen Stadium und hat bei weitem noch nicht das Mindestmaß früherer Erholungen erreicht. Der bisherige Wertzuwachs von 7,5 Prozent (per 16.06.2020) ist somit lediglich ein ers­tes Etappenziel auf dem Weg nach Norden. Schließlich sind seit dem Tief am 18. März 2020 gerade erst drei Monate vergangen und die handelnden Akteure an den Kapitalmärkten werden in den verbleibenden knapp 200 Börsentagen noch genug Gelegenheit haben, sich entsprechend zu positionieren.

Auf Sektorenebene zeigte der BCOM Energy Subindex, der die Rohstoffe aus dem Energiebereich umfasst, in der Vergangenheit stets die schnellste Reaktion. Dieses immer wiederkehrende „First In – First Out“-Verhalten ist absolut nachvollziehbar, da Energierohstoffe, wie beispielsweise das amerikanische Rohöl West Texas Intermediate (WTI), einen direkten Bezug zum Puls der Wirtschaft haben. Veränderungen der wirtschaftlichen Aktivitäten zum Positiven wie Negativen wirken sich darum unmittelbar auf die Nachfrage nach Rohöl aus. Mit einem Plus von gerade einmal zehn Prozent ste­cken Energieträger derzeit quasi noch in den Kinder­schuhen. Auch wenn man den Tiefpunkt beim Rohöl Ende April zugrunde legt, ist noch reichlich Platz nach oben.

Mit etwas Verzögerung und ungleich gemächlicher reagiert üblicherweise der BCOM Industrial Metals Su­bindex in den Erholungsphasen. Grund für eine weniger schnelle Reaktionsfreudigkeit bei der Preisentwicklung ist die Verwendung der Basismetalle, die eine weniger elastische Nachfrage aufweisen. Seit dem 18. März hat der BCOM Industrial Metals Subindex bislang rund ein Drittel der durchschnittlichen Erholung absolviert.

Entgegen der landläufigen Meinung sind es die Edel­metalle, gemessen am BCOM Precious Metals Sub­index, welche in den ersten Tagen nach Beendigung eines Bärenmarktes bei den Rohstoffen am wenigsten zulegen können. Betrachtet man die vergangenen Krisen, verzeichnete dieser Sektor nach 260 Tagen einen durchschnittlichen Zuwachs von 13 Prozent.

Anhängern der Edelmetalle sei jedoch versichert, dass diese in der Vergangenheit im Zeitabschnitt 261 bis 560 Tage den Rückstand zu Basismetallen und Energieträgern aufholten und sich dann an die Spitze setzten. Für die kommenden Tage und Wochen ist an dieser Stelle allerdings ein wenig Vorsicht geboten, da der BCOM seit dem Tief mit einem Plus von 21 Prozent bereits überdurchschnittlich zugelegt hat.

Selbstverständlich kann man zur Bewertung des Rohstoffmarktes auch auf die am Markt vorhandenen Rohstoff-Analysen zurückgreifen, um aufgrund der fundmentalen Datenlage zu einer Einschätzung zu kommen. Unsere Intention war es, mit diesem Beitrag über den Tellerrand hinauszublicken und einen alterna­tiven Blick auf die Anlageklasse Rohstoffe zu werfen.

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Bild: pixabay.com

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